Mittwoch, 1. November 2017

"Wer Gott sagt, will betrügen." Pierre-Joseph Proudhon (angeblich)

Das erfolgreichste Falschzitat Carl Schmitts ist sein Proudhon-Zitat, "Wer Gott sagt, will betrügen".

Carl Schmitt behauptet, sein Bonmot, "Wer Menschheit sagt, will betrügen", sei eine Modifikation von Proudhons Satz, "Wer Gott sagt, will betrügen." - Bisher hat allerdings noch niemand diesen Satz so oder so ähnlich in einer Schrift Proudhons gefunden.

Der gefeierte deutsche Rechtsgelehrte Carl Schmitt, der mit seinem vulgäranalytischen Bonmot Immanuel Kant oder den Autor der Letzten Tage der Menschheit, der ihm verhasst war, als heimliche Betrugs-Hilskräfte hinstellt, hat mit seiner falschen Zuschreibung an den Anarchisten Proudhon sich selbst und seine Leser - wahrscheinlich unabsichtlich - betrogen.

Und wenn Carl Schmitt sich ideologiekritischer und wahrheitsliebender präsentiert als jene angeblichen Betrüger-Rechtsphilosophen, die an der Kant'schen Idee der Menschheit festhalten, obwohl der Begriff Menschheit wie jeder Begriff propagandistisch mißbrauchbar ist, wirkt der unter Hitler und Göring virtuos praktizierende Opportunist Schmitt nicht sehr glaubwürdig, und sein Bonmot kommt mir nur so wahr vor wie seine Zuschreibung des Wer-Gott-sagt-will-betrügen-Aphorismus an Proudhon.
"Wer Carl Schmitt sagt, will ..."


Carl Schmitt, 1932:
  • "»Menschheit« ist ein besonders brauchbares ideologisches Instrument imperialistischer Expansionen und in ihrer ethisch-humanitären Form ein spezifisches Vehikel  des ökonomischen Imperialismus. Hierfür gilt mit einer naheliegenden Modifikation, ein von  Proudhon geprägtes Wort: Wer Menschheit sagt, will betrügen. Die Führung des Namens  »Menschheit«, die Berufung auf die Menschheit, die Beschlagnahme dieses Wortes, alles das  könnte, weil man nun einmal solche erhabenen Namen nicht ohne gewisse Konsequenzen  führen kann, nur den schrecklichen Anspruch manifestieren, daß dem Feind die Qualität des  Menschen abgesprochen, daß er hors-la-loi und hors l'humanité erklärt und dadurch der Krieg  zur äußersten Unmenschlichkeit getrieben werden soll."
Carl Schmitt, 1954:
  • "Wenn heute der Name Gottes fällt, dann zitiert der Normal-Gebildete von heuzutage automatisch den Ausspruch Nietzsches: Gott ist tot. Andere, noch besser informiert, zitieren einen Ausspruch des französischen Sozialisten Proudhon, der dem Ausspruch Nietzsches um vierzig Jahre vorauseilt und behauptet: Wer Gott sagt, will betrügen."
Immanuel Kant, 1785:
  • "Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst."
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Quellen:
Google
1785: Immanuel Kant: Grundlegung der Metaphysik der Sitten. Kant Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900 ff., AA IV, S. 429  (Link)
1932: Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen: Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corollarien. 7. Aufl., Duncker und Humblot, Berlin: 1991, S. 55 (Link)
1954: Carl Schmitt: Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber. (1954), Klett Cotta, Stuttgart: 2008, S. 11 (Link)
 
Andreas Anter, Universität Bremen und  Christoph Cornelißen, Goethe-Universität Frankfurt am Main, zum Beispiel, haben Schmitts Proudhon-Zitat auch nicht gefunden (Link),  (Link).
Die meisten Bewunderer Carl Schmitts glauben ihm allerdings ohne seriösen Quellennachweis sein Proudhon-Zitat, so wie auch Peter Sloterdijk  (Link).
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Anmerkung:
Das Zitat, "Eigentum ist Diebstahl", ist wirklich von Pierre-Joseph Proudhon.
In der Sekundärliteratur zu Carl Schmitt wird auch einige Male das "Wer-Menschhheit-sagt"-Bonmot Proudhon unterschoben, zum Beispiel hier: (Link), (Link).

Dienstag, 31. Oktober 2017

"Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, mußt du nur herausfinden, wen du nicht kritisieren darfst." Voltaire (angeblich)

Pseudo-Voltaire quote.
Dieses in konservativen amerikanischen Kreisen äußerst beliebte Zitat wird seit kaum 10 Jahren irrtümlich Voltaire zugeschrieben, aber der Spruch stammt nicht von dem französischen Philosophen aus dem 18. Jahrhundert, sondern aus dem Text eines vorbestraften rechtsextremen amerikanischen Holocaust-Leugners aus dem Jahr 1993:
  •  "To determine the true rulers of any society, all you must do is ask yourself this question: who is it that I am not permitted to criticise? We all know who it is that we are not permitted to criticise. We all know who it is that it is a sin to criticise. Sodomy is no longer a sin in America. Treason, and burning and spitting and urinating on the American flag is no longer a sin in America. Gross desecration of Catholic or Protestant religious symbols is no longer a sin in America. Cop-killing is no longer a sin in America – it is celebrated in rap ‘music’."
    Kevin Alfred  Strom: "All America Must Know the Terror", National Vanguard, 1993 (Link)
  Aus diesem Absatz entstanden diese Sprüche und ähnliche:
  • "To determine the true rulers of any society, all you must do is ask yourself this question: Who is it that I am not permitted to criticize?"
  • "To learn who rules over you, simply find out who you are not allowed to criticize."
  • "Um zu erfahren, wer über euch herrscht, braucht ihr nur herauszufinden, wen ihr nicht kritisieren dürft."

Pseudo-Voltaire quote.

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Quellen:
Google
Paul Gibbard, University of Western Australia, davor: Voltaire Foundation in Oxford, in:  "Cory Bernardi mistakenly 'quotes' Voltaire on Twitter with neo-Nazi's line", The  Guardian, 27. November 2015 (Link)
Kevin Alfred  Strom: "All America Must Know the Terror", National Vanguard:1993 (Link)

 

 

 

Letzte Änderung: 29/11 20121 (Dank an Hermann Bianchi für Korrektur.)

"Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Gräueltaten zu begehen." Voltaire (angeblich)

Das ist ein zugespitztes Voltaire-Zitat; das Original klingt weniger alarmistisch. Voltaire schreibt in seinen "Untersuchungen über die Wunder" (1765) nicht von "Gräueltaten", sondern von "ungerecht" (injuste) machen:

 Voltaire, 1765
  •  "Certainement qui est en droit de vous rendre absurde est en droit de vous rendre injuste." (Link)
Übersetzung, 1788
  • "Wer berechtigt ist, einen ungereimt zu machen, kann ihn auch ungerecht machen."
    (Link)
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  • "Sicher, wer dich von Absurditäten überzeugen kann, kann Dich auch zu Ungerechtigkeiten verleiten."
    Übersetzung: von mir
  •  "Certainly any one who has the power to make you believe absurdities has the power to make you commit injustices."
    Übersetzung: Norman Lewis Torrey
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Wie Wikiquoter herausgefunden haben, hat sich auf Englisch schon seit dem 19. Jahrhundert die extremere Version eingebürgert:

  • "Those who can make you believe absurdities, can make you commit atrocities".

Durch die Übersetzungen der Bestseller von Richard Dawkins und Steven Pinker (Google) sowie durch Zitatesammlungen hat sich diese ungenaue Übersetzung von Voltaires Gedanken auch auf Deutsch verbreitet:
  • "Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Gräueltaten zu begehen." 

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Quellen:
 Google
Voltaire: Questions sur les miracles, 11. Brief an M. Corvelle (1765), Oeuvres completes de Voltaire. Band 16, 1784,  S. 451 (Link)
Voltaire: Untersuchung über die Wunder in Briefen, 11. Brief, Voltair's sämtliche Schriften: Sechszehnter Band, Band 16, Arnold Wever, Berlin:1788, S. 365 (Link)
 Norman Lewis Torrey: Les Philosophes. The Philosophers of the Enlightenment and Modern Democracy. Capricorn Books, New York: 1961, S. 277f.
Wikiquote E
 Wikiquote

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Dank:
Wikiquote Diskussionen

Samstag, 28. Oktober 2017

"Bella gerant alii: tu, felix Austria, nube!" König Matthias Corvinus (angeblich)

 
Pseudo-Matthias-Corvinus-Zitat.

Den Urheber dieses in Österreich immer noch berühmten Hexameters, der im 16. Jahrhundert entstanden sein könnte, aber erst seit 1654 belegt ist, kennt man nicht. Der Spruch wurde viel später dem ungarischen König Matthias Corvinus unterschoben, obwohl dieser König der Ungarn, Kroaten und Böhmen schon im Jahr 1490 starb, also noch bevor mit habsburgischen Heiraten ein Weltreich erschaffen wurde. Schon im 19. Jahrhundert lehnten Zitatesammler wie Büchmann die Zuschreibung an Corvinus ab.

Auch Zuschreibungen an Johannes Cuspinianus / Spießheimer und Ulrich von Hutten haben sich als unhaltbar erwiesen. Ich folge da der Einschätzung der Historikerin Elisabeth Klecker, in deren aufschlußreicher Studie zu diesem Spruch auch fast alle hier erwähnten Daten belegt sind. Die Zuschreibung des Zitats an Kaiser Maximilian I. in Online-Zitatsammlungen kann man ebenso wenig ernst nehmen (Link) wie die Behauptung, der Hexameter sei Maximilians Wahlspruch gewesen (Link), weil es dafür keinerlei seriöse Quellen gibt.

Von 1680 bis zu Kaiser Franz Joseph wurde bei Habsburg-Hochzeiten das Hochzeitspaar mit diesem Hexameter und Variationen dazu von Hofdichtern auf Lateinisch gefeiert. Den Propagandisten der Familie Habsburg gelang es mit einer Serie von Huldigungsgedichten die k.u.k. Familie - im Unterschied zu anderen europäischen Fürstenfamilien - als Friedensmacht zu definieren:
  • "Krieg führe, wer da will. Es mögen Potentaten
    Mit Degen in der Faust ausüben grosse Thaten:

    Das holde Oesterreich erwählet Liebes=Band. "

    Zur Hochzeit von Joseph II., 1760, OLG, 1997, S. 33
Zur Ideologie der Habsburger, die den Spruch "Bella gerant alii ..." auch in Schulbüchern und bei anderen Festlichkeiten verbreiten ließen, gehörte es, ihre  erfolgreiche Heiratspolitik nicht der Gerissenheit oder dem diplomatischen Geschick ihrer Familienmitglieder zuzuschreiben, sondern der Gnade Gottes und der Pietas Austriaca, also ihrer Frömmigkeit. Dass schon Kaiser Maximilian I. seine erheirateten Länder durch Kriege in Besitz nahm, wurde verdrängt. 

Das vollständige Hochzeits-Distichon taucht erstmals in einer Publikation aus dem Jahr 1718 auf (Link)

  • "Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube! 
    Nam quae Mars aliis, dat tibi Regna Venus."
    • "Laß andre ziehn ins Feld, / heurathe Oestreich du, /
      Denn was Mars andern gibt, legt Dir die Venus zu."
      1718,
      (Link)
  • "Mögen andere Länder Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate.
    Denn was Mars den anderen gibt, gibt dir die göttliche Venus."
  • "Krieg mögen andere führen! Du, glückliches Österreich, heirate!
    Denn was Mars den anderen, gibt dir die göttliche Venus."
  • "Kriege mögen andere führen, du, glückliches Österreich, heirate!
    Denn Reiche, die anderen der Krieg gibt, schenkt dir Venus."
     

 Zur Entstehung:

"Bella gerant allii" war im 16. Jahrhundert (1566 nachweislich) die Devise von Kardinal Lorenzo Gonzaga (Link). Die ersten drei Worte des Hexameters wurden erstmals vom römischen Autor der  "Heroides"-Liebesbriefe formuliert, die  Ovid zugeschrieben werden.

 

 Ovid, Heroides:

  • Bella gerant alii, Protesilaos amet!
    Kriege führen mögen andere, Protesilaos soll lieben! (Link)
    Let others go to the wars; let Protesilaus love! (Link)
  • Bella gerant fortes, tu, Pari, semper ama!
    Kriege sollen die Tapferen führen, Du, Paris, liebe immer! (Link)

    Be the waging of wars for the valiant; for you, Paris, ever to love! (Link)
Dass jemand nicht zum Krieg geboren ist, sonder zum Heiraten, hat auch Zeus seiner Tochter Aphrodite erklärt (Ilias 5. Buch,  428f).

Das habsburgische Hochzeits-Distichon wurde in verschiedenen Variationen auch spöttisch verwendet.
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Quellen:
P. Antonium Foresti: "Historische Welt-Cart, Das ist: Ordentliche Beschreibung der vier grössesten Reich der Welt." Anonymer Übersetzer, Verlag Georg Schlüter und Martin Happach, Augsburg: 1718, S. 549  (Link)
Elisabeth Klecker: "Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube. Eine  Spurensuche", "Österreich in Geschichte und Literatur (mit Geographie)" OGL 41. Jg, 1997, Heft 1, S. 30-44 
Die Zeitschrift  "Österreich in Geschichte und Literatur " hatte 1995 eine Preisaufgabe zu dem Spruch ausgeschrieben. Dazu: OGL 40. Jg., 1996, Heft 1, S. 53f., OGL 41. Jg, 1997, Heft 1, S. 29 und OGL 44. Jg., 2000, Heft 4 S. 243-251.
P. OVIDI NASONIS EPISTVLAE HEROIDVM, XIII. Laodamia Protesilao, 13, 79 (Link); XVII. Helene Paridi, 17, 251 (Link)
Ovid: Heroides and Amores. Translated by Showerman, Grant. Loeb Classical Library Volume 41. Cambridge, MA, Harvard University Press; London, William Heinemann Ltd. 1931. (Link)
Johannes John: Reclams Zitaten-Lexikon, Reclam, Stuttgart: 2014  (Link)
Dudenredaktion: Zitate und Aussprüche: Herkunft und aktueller Gebrauch,  3. Auflage, Dudenverlag, Mannheim Leipzig Wien Zürich: 2015, S. 75f.  (Link) 
Wikipedia 
Habsburg.net
Ilias 5. Buch,  428f. (Link); gottwein.de Zeus erklärt seiner Tochter Aphrodite, dass ihr Geschäft nicht der Krieg ist, sondern die Hochzeit.  
 
Beispiele für fälschliche Zuschreibungen:
Hubertus Kudla: "Lexikon der lateinischen Zitate: 3500 Originale mit deutschen Übersetzungen", beck'sche reihe, Verlag: Beck C. H., München: 2007, ebook, 1103 (Link) (Matthias Corvinus)
1895: books.google  (Matthias Corvinus)
1983: books.google (Matthias Corvinus) 
2008: books.google  (Matthias Corvinus)
2012: welt.de (Maximillian I) 
Zitate.eu (Maximillian I)
Wikiquote (Matthias Corvinus) 
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Artikel in Arbeit.



Donnerstag, 26. Oktober 2017

"Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich." Mark Twain (angeblich)

Pseudo-Mark-Twain quote.

Dieser oft zitierte Spruch wird Mark Twain erstmals 1970 - also erst sechs Jahrzehnte nach seinem Tod - zugeschrieben, wie Barry Popik herausgefunden und Garson O'Toole bestätigt hat (Link). 

Seit zwei Jahrzehnten ist das Falschzitat auch auf Deutsch sehr beliebt und wird nicht nur durch Ratgeberliteratur und Zeitungen verbreitet, sondern auch durch Bücher, die wissenschaftlich ernst genommen werden wollen.

In seriösen Zitat-Lexika ist dieser Witz unbekannten Ursprungs so wenig wie in Mark Twains Schriften zu finden.


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Quellen:
Google
"The Dictionary of Modern Proverbs". Zusammengestellt von Charles Clay Doyle, Wolfgang Mieder und Fred R. Shapiro, Yale University Press, New Haven: 2012, S. 121 (?)
"The Yale Book of Quotations", Edited by Fred R. Shapiro, Yale University Press, New Haven, CT: 2006, S. 614
Garson O'Toole (Quote Investigator): "History Does Not Repeat Itself, But It Rhymes - Mark Twain? John Robert Colombo? James Eayrs? Anonymous?" 2014 (Link)
Barry Popik: “History doesn’t repeat itself, but it does rhyme”, 2010 (Link)
Wikiquote: History 
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Dank
Ich danke Wolfgang Mieder, Fred Shapiro, Barry Popik und Garson O'Toole für ihre sorgfältigen Recherchen.

Mittwoch, 25. Oktober 2017

"Der echte Wiener ist aus Schleim gemeißelt." Karl Kraus (angeblich)

Dieser Witz ist in Österreich seit ein paar Jahrzehnten in Umlauf und wurde dem Autor Karl Kraus  im März 2010 von dem Schauspieler Christoph Waltz, der dieses Pseudo-Karl-Kraus-Bonmot auch später noch öfters zitierte (ORF.at), erstmals unterschoben.

Die Urheberin oder der Urheber des Spruchs ist unbekannt. Die deutsche Journalistin Peggy Parnass hat ihn angeblich im Jahr 1984 verwendet und vielleicht auch geprägt. Zwanzig Jahre später wurde er irrtümlich Johann Nestroy unterschoben, danach erst Karl Kraus.

Dieses Kuckuckszitat ist weder in den Werken Johann Nestroys noch in denen von Karl Kraus zu finden und wird höchstwahrscheinlich dort auch nie gefunden werden.


Entwicklung des Kuckuckszitats:

1984
  • "BRD-Journalistin Peggy Parnass schließlich bringt ihre österreichische Seelenerfahrung auf einen Satz: „Da ist alles wie aus Schleim gemeißelt." (Link)
2004 
  • "Der Wiener ist ein Mensch in Schleim gemeisselt. -- Nestroy" (Link)
2010
  • "Frage: Was sind typisch österreichische Sachen, die dir im Ausland abgehen? 
    Waltz: Am meisten fehlt mir die bestimmte Umgangsform des Wieners. Es ist ein Umgang, der nicht so direkt ist und daher das Leben leichter macht. Und der echte Wiener, der ist ein bisschen schleimig, wie Karl Krauss (!) gesagt hat, der echte Wiener ist aus Schleim gemeißelt – ich betrachte mich als echten Wiener. "
    Christoph Waltz, Interview, oe24, 4. März 2010 (Link) 
2016
  • "Angeblich gibt es Menschen (im Ausland), die behaupten: Der Weaner ist: in Schleim gemeißelt."
    Peter Pisa, 24.10.2016, Kurier (Link)
2017
  • "One of the greatest Austrian writers ever, Karl Kraus, said a true Viennese is chiseled from slime."
    Christoph Waltz, Interview, Oktober 2017 (Link)

Twitter






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Quellen:
Twitter
Google
Österreichische Akademie der Wissenschaften, AAC: DIE FACKEL  
Johann Nestroy: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe – Index und Konkordanz  Nestroy-Werke.at
Peter Pisa: "Gemeißelt." Kurier, 24. Oktober 2016 (Link) 
Sonia Neufeld: "Waltz und der 'Groove' von Wien", ORF.at, 25. Oktober 2017 (Link)
Ruben V. Nepales: "When Christoph Waltz is in a good mood, humorous sparks fly." inquirer.net: 26. Oktober 2017 (Link)
"Topfavoriten bei den Oscars", Interview mit Christoph Waltz, oe24, 4. März 2010 (Link)
Profil, Band 15, 1984, S. XIV
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Letzte Änderung: 28/12 2018
https://twitter.com/krieghofer/status/923186897681354753

"Im Krieg ist Wahrheit das erste Opfer." Aischylos (angeblich)

Pseudo-Aischylos-Zitat.

Dieser Aphorismus stammt aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und wurde vor dem Jahr 1916 von einer unbekannten Person wahrscheinlich in England oder Irland geprägt. 

In dem Wortlaut " 'Truth', it has been said, 'is the first casuality of war' " taucht der Spruch 1916 in Philip Snowdens Vorwort zu dem Buch "Truth and War" von E. D. Morel auf (Link).

Der amerikanische Zitatforscher Garson O' Toole hat, nachdem ich diesen Artikel geschrieben hatte, noch drei Erwähnungen des anonymen Spruchs aus dem Jahr 1915 ausfindig gemacht (quoteinvestigator.com).


Inzwischen kennt jeder auf der Welt diesen Spruch, er ist seit den Irak-Kriegen zu einem internationalen Gemeinplatz geworden, und wird vielen Autoren und einer Autorin fälschlich zugeschrieben.

Seit dem Vietnamkrieg unterschiebt man ihn dem griechischen Dichter Aischylos  (Link) (Link),  manchmal auch dem englischen Dichter Rudyard Kipling oder dem Premierminister Winston Churchill, obwohl noch nie jemand das Zitat in einem ihrer Texte entdecken konnte.

Pseudo-Winston-Churchill-Zitat.


Seit 1928 wird dem kalifornischen Politiker Hiram Johnson der Aphorismus in der Version "The first casualty when war comes is truth", oder: "When war is declared, Truth is the first casualty", zugeschrieben, doch in jener Rede, in der er den Spruch angeblich gesagt hat, ist er laut The Oxford Dictionary of Proverbs nicht enthalten (Link).

Pseudo-Hiram-Johnson-Zitat.


Dass Lügen als Kampfmittel zu jedem Krieg gehören, hat vor ungefähr 2500 Jahren der chinesische Militärstratege Sunzi so formuliert:

  •  "Jede Kriegführung gründet auf Täuschung. Wenn wir also fähig sind anzugreifen, müssen wir unfähig erscheinen; wenn wir unsere Streitkräfte einsetzen, müssen wir inaktiv scheinen; wenn wir nahe sind, müssen wir den Feind glauben machen, daß wir weit entfernt sind; wenn wir weit entfernt sind, müssen wir ihn glauben machen, daß wir nahe sind." (Link)

 Und im 18. Jahrhundert zählt Samuel Johnson den Verfall der Wahrheitsliebe zu den Schrecken des Krieges:
  • "Among the calamities of war may be justly numbered the diminution of the love of truth, by the falsehoods which interest dictates and credulity encourages."
    Samuel Johnson, 11. November 1758, The Idler Nr. 30 (Link)


Pseudo-Muriel-Lester-Zitat.

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Manchmal wird der Spruch auch irrtümlich Lord Ponsonby zugeschrieben, aber Arthur Ponsonby hat in seiner 1928 erschienenen Dokumentation "Falsehood in War-Time" den Spruch nur als anonymes Sprichwort zusammen mit anderen Zitaten  als Motto seiner Studie präsentiert, und für keines seiner Mottos die Autorschaft beansprucht.
 

Arthur Ponsonby: "Falsehood in War-Time", 1928, Mottos:

Arthur Ponsonby (Lord Ponsonby of Shulbrede): "Falsehood in War-Time (1928) S. 11 (archive.org)
 

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Quellen:
Jennifer Speake: The Oxford Dictionary of Proverbs. Oxford University Press, Oxford: 2015, S. 327 (Link)
Fred R. Shapiro: The Yale Book of Quotations. Yale University Press, New Haven / London: 2014, S. 529 (Link)
E. D. Morel: "Truth and the War". Vorwort von Philip Snowden. The National Labor Press, London, 1. Auflage: Juli 1916, 3. Auflage: 1918, S. XIII  (Link), (Link)
"The Universal Magazine of Knowledge and Pleasure." J. Hinton, Band 23, London: 11. November 1758, The Idler (Samuel Johnson) Nr. 30, S. 238  (Link) auch: The Idler Nr. 30  (Link)  
Wikiquote
Arthur Ponsonby (Lord Ponsonby of Shulbrede): "Falsehood in War-Time: Containing an Assortment of Lies Circulated Throughout the Nations During the Great War" , George Allen a. Unwin, London: (EA 1928) 10. Auflgage 1940, S. 11 (archive.org)
Garson O' Toole: "Truth Is the First Casualty in War." 2020  (quoteinvestigator.com)

 
Beispiele für falsche Zuschreibungen:
Kipling: Christoph Schult: "Kriegspropaganda: Lügen für den Sieg", Der Spiegel, 10. Oktober 2001 (Link) 
Chruchill: (Link)

Tassilo Wallentin: "Lüge in Kriegszeiten" Kronen Zeitung, 15. Mai 2022 (Link)
Aischylos: Die Presse, 10. März 2012 (Link)(Link)
 
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Dank:
Ich danke Ralf Bülow für seine Hinweise.

In Arbeit. Letzte Änderung: 3/10 2019, 20/01/ 2022; 7/10 2022 (Garson O'Toole, Ponsonby).


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