Sonntag, 24. September 2017

"Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen vor. Gewiss, ein wildes Tier ist grausam." Sigmund Freud (angeblich)



Die freundlichen Bemerkungen Sigmund Freuds über Tiere stammen meines Wissens alle aus seinen letzten zwei Lebensjahrzehnten. Erst nach seinem 65. Geburtstag hat Sigmund Freud einen Hund in seine Wohnung in der Berggasse 19 aufgenommen.


Ich dachte zuerst, das Zitat wäre erst im 21. Jahrhundert Sigmund Freud zugeschrieben worden, aber  Ralf Bülow verdanke ich den Hinweis, dass es aus einem Interview mit  Georg S. Viereck aus dem Jahr 1926 stammt (Link); die Wörter "bei weitem" aus Sigmund Freuds urspünglichem Satz werden von den Zitierenden oft unterschlagen.

  • "Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen Gesellschaft bei weitem vor. Gewiss, ein wildes Tier ist grausam. Aber die Gemeinheit ist das Vorrecht des zivilisierten Menschen."
    Sigmund Freud, 1926
    (Link)


Georg S. Viereck und Sigmund Freud:


  • "»Ich weiß nicht, was man eigentlich gegen das Tier einzuwenden hat«, sagte Freud. »Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen Gesellschaft bei weitem vor. Gewiß, ein wildes Tier ist grausam. Aber die Gemeinheit ist ein Vorrecht des zivilisierten Menschen. Eine ganze Reihe häßlicher Eigenschaften des Menschen ist eine Folge ihrer Anpassung an eine hochentwickelte Zivilisation und ist das Ergebnis eines Konflikts zwischen unseren Instinkten und unserer Kultur. Die Psychoanalyse scheint mir gewissermaßen als der Faden, der aus dem Labyrinth des Lebens hinausführt.«"
    Georg Silvester Viereck: Professor Freud über den Wert des Lebens. Ein Gespräch mit dem großen Gelehrten. Neue Freie Presse, 28. August 1927, S. 4
    (Link)


  • » "I sometimes wonder," I questioned, "if we would not be happier if we knew less of the processes that shape our thoughts and emotions? Psychoanalysis robs life of its last enchantments, when it traces every feeling to its original cluster of complexes. We are not made more joyful by discovering that we all harbor in our hearts the savage, the criminal and the beast."

    "What is your objection to the beasts?" Freud replied: "I prefer the society of animals infinitely to human society."
    "Why?"

    "Because they are so much simpler. They do not suffer from a divided personality, from the disintegration of the ego, that arises from man’s attempt to adapt himself to standards of civilization too high for his intellectual and psychic mechanism.
    The savage, like the beast, is cruel, but he lacks the meanness of the civilized man. Meanness is man’s revenge upon society for the restraints it imposes. This vengefulness animates the professional reformer and the busy body. The savage may chop off your head, he may eat you, he may torture you, but he will spare you the continuous little pinpricks which make life in a civilized community at times almost intolerable.
    Man’s most disagreeable habits and idiosyncrasies, his deceit, his cowardice, his lack of reverence, are engendered by his incomplete adjustment to a complicated civilization. It is the result of the conflict between our instincts and our culture.

    How much more pleasant are the simple, straightforward, intense emotions of a dog, wagging his tail or barking his displeasure! The emotions of the dog," Freud thoughtfully added, "remind one of the heroes of antiquity. Perhaps that is the reason why we unconsciously bestow upon our canines the names of ancient heroes such as Achilles and Hector." «
    George S. Viereck: "An Interview with Freud", in: "Glimpses of the Great", The Macaulay company, 1930, p. 33 (pdf)
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Quellen:
Tierzitate: (Link)
ORF.at, 2006: "Ein Tag im Leben von Sigmund Freud" 
Google
Zitate von Sigmund Freud:  thorwart-online.de/Seite_Freudzitate.htm
PEP, Psychonalytic Electronical Publishing  (Link)
Sigmund Freud House Bulletin, Bände 1-3, 1975, S. 4 (Link)
Georg Silvester Viereck: Professor Freud über den Wert des Lebens. Ein Gespräch mit dem großen Gelehrten. Neue Freie Presse, 28. August 1927, Morgenblatt, S. 4 (Link)
 George Sylvester Viereck: "Glimpses of the Great", The Macaulay company, 1930, p. 33 (Link)(Vorerst zitiert nach Google Books; das Interview auf Englisch ist umfangreicher als das in der Neuen Freien Presse abgedruckte. Zum Beispiel fehlt in der NFP Freuds Lob des Hundes, wonach ein Hund mit seinen starken Gefühlen an antike Helden wie Achilles und Hektor erinnere.)
In der digitalisierten Gesamtausgabe der Schriften von Sigmund Freud habe ich das Zitat nicht gefunden (Link).


 
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Dank:
Ich bin Ralf Bülow für seinen Hinweis auf G. S. Vierecks Interview und Buch sehr dankbar.

Korrigierte Fassung 29/9 2017, 28/3 2018; 29/9 2019 Artikel in Arbeit.